Neue Ursache für versteckten Hörverlust?

Unabhängig von Schäden im Innenohr?
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FRau, die sich die Hand ans Ohr hält
© BillionPhotos.com/stock.adobe.com
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In Situationen mit vielen Hintergrundgeräuschen fällt es manchen schwer, zum Beispiel Gespräche richtig zu verstehen: Dieser sogenannte versteckte Hörverlust könnte eine andere Ursache haben als bisher angenommen. Dies zeigen Untersuchungen mit Wüstenrennmäusen.

Der sogenannte versteckte Hörverlust könnte eine andere Ursache haben als bisher angenommen. Das haben Forschende der Universität Oldenburg und der Medizinischen Hochschule Hannover herausgefunden, die gemeinsam im Exzellenzcluster Hearing4all an klinischen und praktischen Problemen rund ums Hören arbeiten. Bei Untersuchungen von Wüstenrennmäusen hat das Team Hinweise darauf gefunden, dass bestimmte Rezeptoren im Gehirn eine entscheidende Rolle dafür spielen könnten, wie das Gehirn verschiedene Schallquellen voneinander trennt und so das Richtungshören ermöglicht. Wüstenrennmäuse nehmen Schall ganz ähnlich wahr wie Menschen. Dass diese Rezeptoren auch für die Verschlechterung verantwortlich sein könnten, widerspricht der langjährigen Annahme, dass etwa durch laute Musik verursachte Schäden im Innenohr den versteckten Hörverlust verursachen.

Hirnscans mittels PET

Das Team um Neurowissenschaftlerin Dr. Sandra Tolnai und Prof. Dr. Georg Klump, Professor für Zoophysiologie und Verhalten an der Universität Oldenburg, hat die Forschungsergebnisse jetzt veröffentlicht. Es wurde in verschiedenen Versuchen das Richtungshören von jungen, mittelalten und alten Mongolischen Wüstenrennmäusen untersucht. Das Richtungshören ist eine wichtige Fähigkeit, die es erleichtert, Schallquellen getrennt wahrzunehmen. Das Forschungsteam konnte nachweisen, dass diese Fähigkeit bereits bei mittelalten Tieren eingeschränkt war, obwohl sie ansonsten normal hören konnten. Mithilfe der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) erstellten die Forscherinnen und Forscher Hirnscans. Damit konnten sie die Verarbeitungsprozesse in den Hörarealen des Gehirns untersuchen. Ihr Augenmerk lag dabei auf Rezeptoren von Nervenzellen (also Proteinen auf deren Oberfläche), die es ermöglichen, Informationen zwischen Nervenzellen zu übertragen. In den Untersuchungen zeigte sich, dass sich die mittelalten und alten Mäuse in einem Aspekt von den jüngeren Tieren unterschieden: Bestimmte hemmende Rezeptoren waren verändert.

Rezeptoren für Gamma-Aminobuttersäure untersucht

Bei den untersuchten Rezeptoren handelt es sich um solche für den Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure. Dieser hemmende Botenstoff verstärkt Unterschiede im Antwortverhalten von Nervenzellen und hilft so, interessierende Signale von Störgeräuschen zu trennen. Das Forschungsteam vermutet, dass die Informationsverarbeitung aufgrund der Veränderungen der Rezeptoren nicht mehr wie in jungen Jahren ablaufen kann: „Die zentralnervösen Prozesse im Organismus haben bei den untersuchten Wüstenrennmäusen damit vermutlich einen größeren Einfluss auf die beobachteten Einschränkungen im Richtungshören als bisher angenommen“, betont Klump. Die Wissenschaftler konnten in derselben Studie zeigen, dass die Zahl der funktionsfähigen Synapsen im Innenohr bei mittelalten Tieren in der Studie nicht nennenswert zurückgegangen war. Für die bisherige Annahme, ihre Schädigung könnte die Ursache für den versteckten Hörverlust und damit verbundene Schwierigkeiten im Richtungshören sein, gab es also keine Anhaltspunkte.

Veränderungen zentralnervöser Mechanismen?

Aus dieser Erkenntnis ergeben sich völlig neue Forschungsansätze im Zusammenhang mit dem versteckten Hörverlust: Neben dem mit fortschreitendem Alter schlechter werdenden Richtungshören könnten laut Klump zum Beispiel auch Defizite in der Sprachwahrnehmung auf Veränderungen zentralnervöser Mechanismen im Gehirn zurückzuführen sein.

Literatur:
Tolnai S, Klump G, et al.: Age-Related Deficits in Binaural Hearing: Contribution of Peripheral and Central Effects. The Journal of Neuroscience (2024), DOI: www.doi.org/10.1523/jneurosci.0963-22.2024.

Quelle: idw/Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg

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